RREUSE: Politische Empfehlungen zu Systemen der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR)
(Juni 2025)
*Mitfinanziert durch die Europäische Union. Die geäußerten Ansichten und Meinungen sind jedoch ausschließlich die der Autor:innen und spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Union oder der Europäischen Kommission wider. Weder die Europäische Union noch die Europäische Kommission können für diese Inhalte verantwortlich gemacht werden.
Positionspapier
Da die unaufhörlich steigenden Produktionsmengen weiterhin jeden Tag eine massive Flut von Produkten auf den EU-Markt bringen, bieten der Clean Industrial Deal und das Kreislaufwirtschaftsgesetz der Europäischen Kommission eine Chance, die EU in eine wirklich zirkuläre Wirtschaft zu transformieren, verbesserte Regeln für das Abfallmanagement einzuführen und ehrgeizige Ziele zur Abfallvermeidung und -reduzierung festzulegen.
Maßnahmen, die auf Abfallvermeidung und Vorbereitung zur Wiederverwendung ausgerichtet sind, können die Wettbewerbsfähigkeit und die strategische Autonomie der EU erheblich stärken. Dies geschieht durch die Verringerung der Abhängigkeit von importierten Rohstoffen sowie durch die gezielte Auseinandersetzung mit den wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Folgen der Überproduktion. Diese Folgen umfassen unter anderem wachsende Abfallströme und einen enormen Druck auf Wiederverwendungs- und Recyclingsysteme. Ein Fokus auf die oberen Stufen der Abfallhierarchie fördert darüber hinaus lokale Arbeitsplätze, soziale Integration und Innovation in zirkulären Geschäftsmodellen.
Aus Sicht des größten europäischen Netzwerks von Sozialunternehmen im Bereich Wiederverwendung, Reparatur und Recycling ist das Vorhaben, Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) gezielt zu vereinfachen, zu digitalisieren und auszuweiten, ein entscheidender Bestandteil der angekündigten Maßnahmen.
Als Pioniere der Kreislaufwirtschaft verfügen Sozialunternehmen über jahrzehntelange praktische Erfahrung in der Bewirtschaftung unterschiedlicher Abfallströme und in der Zusammenarbeit mit EPR-Systemen dort, wo diese bereits etabliert sind. Dieses Erfahrungswissen versetzt die Mitglieder von RREUSE in eine einzigartige Position, sowohl die Stärken als auch die Schwächen bestehender EPR-Rahmenbedingungen zu erkennen. Auf Grundlage dieser Expertise präsentieren wir im Folgenden eine Reihe von Empfehlungen für die zukünftige Politikgestaltung im Bereich EPR.
Politische Empfehlungen
1. Sicherstellung, dass EPR-Gebühren die Abfallvermeidung und -bewirtschaftung finanzieren
Vollständige Kostenabdeckung der Aktivitäten von Sozialunternehmen in der Abfallbewirtschaftung
Abfallmanagement umfasst kostenintensive Prozesse, deren Aufwand durch steigende Betriebskosten noch zusätzlich belastet wird. In Übereinstimmung mit der überarbeiteten Abfallrahmenrichtlinie (Waste Framework Directive, WFD) und deren spezifischen Bestimmungen zur EPR im Textilsektor sollten alle Abfallmanagementkosten in jedem Abfallstrom – einschließlich Sammlung, Transport, Sortierung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, Schulung und Entsorgung der Reste aus der Sortierung – vollständig durch die EPR-Gebühren abgedeckt werden. Diese umfassende Abdeckung ist entscheidend, um die Tragfähigkeit von Kreislauf-Geschäftsmodellen sicherzustellen.
Sicherstellen, dass das Konzept der „notwendigen Kosten“ Sozialunternehmen nicht benachteiligt
Das Konzept der „notwendigen Kosten“ begrenzt die EPR-Gebühren auf das Minimum, das erforderlich ist, um die Ziele und Vorgaben der WFD zu erreichen. Infolgedessen bleiben die EPR-Gebühren niedrig und konzentrieren sich fast ausschließlich auf das Recycling. Das schränkt jedoch das Potenzial der EPR ein, echte Kreislaufwirtschaft zu fördern, und benachteiligt Sozialunternehmen, deren Kostenoptimierung dem Ziel dient, ökologisch nachhaltige und sozial inklusive Geschäftsmodelle umzusetzen. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Priorisierung lokaler Vorbereitung zur Wiederverwendung, die als nachhaltigste Form der Abfallverwertung gilt und arbeitsintensiver ist als niedrigere Stufen der Abfallhierarchie. Außerdem schaffen Sozialunternehmen Arbeitsplätze für Menschen mit eingeschränkten Zugangschancen zum Arbeitsmarkt. Diese dringend benötigten Jobs haben positive soziale und ökologische Auswirkungen, können jedoch höhere Betriebskosten bedeuten, da zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen und Anpassungen im Arbeitsumfeld erforderlich sind. In manchen Ländern werden diese Kosten durch staatliche Förderungen abgedeckt, in anderen nicht. Zukünftige politische Maßnahmen sollten diese Realität berücksichtigen und sicherstellen, dass das Konzept der „notwendigen Kosten“ Sozialunternehmen nicht von einer Zusammenarbeit mit den Produzentenverantwortungsorganisationen (PROs) ausschließt.
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Mittel für Sozialunternehmen reservieren
Um die sozialen und ökologischen Vorteile, die Sozialunternehmen bieten, sowie ihre höheren Anfangskosten auszugleichen, sollte ein Teil der EPR-Finanzierung explizit für diese Organisationen reserviert werden – zusätzlich zur allgemeinen Kostendeckung für Wiederverwendung und Vorbereitung zur Wiederverwendung. Ein Beispiel ist der französische „Fonds de Réemploi Social et Solidaire“, der 5 % der EPR-Gebühren dazu verwendet, bis 2030 insgesamt 70.000 Arbeitsplätze für benachteiligte Personen zu schaffen. Ein ähnliches, noch verbessertes Modell sollte in der gesamten EU eingeführt werden.
2. Die oberen Stufen der Abfallhierarchie durch EPR-Systeme priorisieren
EPR-Finanzierung mit der Abfallhierarchie in Einklang bringen
Derzeit erhalten die oberen Stufen der Abfallhierarchie – Prävention, Wiederverwendung und Vorbereitung zur Wiederverwendung – deutlich weniger (oder gar keine) finanzielle Unterstützung durch EPR-Systeme im Vergleich zum Recycling. Ein Informationsbericht von 2024 über die Auswirkungen des französischen Kreislaufwirtschaftsgesetzes („loi AGEC“) zeigt beispielsweise auf, dass „die in den letzten drei Jahren eingesetzten Ressourcen zur Umsetzung des AGEC-Gesetzes in erster Linie auf das Recycling ausgerichtet waren“. Diese Ungleichverteilung ergibt sich daraus, dass Hersteller eher das Recycling priorisieren, da ihr primäres wirtschaftliches Interesse nicht darin liegt, die Lebensdauer vorhandener Güter zu verlängern, sondern neue Produkte zu verkaufen. Das stellt eine verpasste Chance dar, da die oberen Stufen der Abfallhierarchie ein höheres Potenzial für Beschäftigung und bessere ökologische, soziale und wirtschaftliche Ergebnisse bieten als das Recycling. Darüber hinaus verursacht die Transformation von Abfällen in wiederverwendbare Produkte erhebliche Kosten. Um dem entgegenzuwirken, sollte EPR-Finanzierung künftig Abfallvermeidung und Wiederverwendung vor dem Recycling priorisieren. Im Sinne des Proximitätsprinzips kann dieser Ansatz lokale Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum fördern.
Differenzierte quantitative Ziele festlegen
Ziele können eine entscheidende Rolle bei der Erreichung von Abfallvermeidungs- und Abfallbewirtschaftungszielen spielen. Quantitative Ziele zur (Vorbereitung zur) Wiederverwendung können Investitionen und Kooperationen zwischen verschiedenen Akteuren anregen. Ein Grund dafür, dass Recycling derzeit Vorrang vor (Vorbereitung zur) Wiederverwendung hat, liegt darin, dass Wiederverwendungs- und Recyclingziele, sofern überhaupt vorhanden, häufig als gemeinsames Ziel definiert werden. Um eine echte Kreislaufwirtschaft zu fördern, sollten Ziele zur Wiederverwendung und Vorbereitung zur Wiederverwendung daher getrennt von Recyclingzielen festgelegt werden. Darüber hinaus sollten lokale Wiederverwendungsziele speziell nach dem Proximitätsprinzip ausgestaltet werden. Mehrere Beispiele solcher Ziele gibt es bereits auf nationaler und regionaler Ebene, die wichtige Impulse für Investitionen und Kooperationen in zirkulären Wertschöpfungsketten setzen.
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EPR-Finanzierung für die Priorisierung von Wiederverwendung einsetzen
Zusätzlich zur Festlegung quantitativer Ziele sollten auch finanzielle Instrumente geschaffen werden, um sicherzustellen, dass Vorbereitung zur Wiederverwendung tatsächlich Vorrang vor Recycling hat. Derzeit können Aktivitäten zur Vorbereitung zur Wiederverwendung nicht allein durch Verkaufserlöse finanziert werden, vor allem aufgrund der Konkurrenz durch billige, oft qualitativ minderwertige Neuware, die unnötig viele kritische Rohstoffe verbraucht und ökologische Folgekosten verursacht. Instrumente zur Förderung der Wiederverwendung könnten beispielsweise Reparaturboni sein. Nach dem französischen Vorbild sollten diese durch EPR-Systeme finanziert werden.
3. Sozialunternehmen als zentrale Partner in EPR-Systemen anerkennen
Sicherstellung des Zugangs von Sozialunternehmen zu hochwertigen Waren und Abfallströmen
Sozialunternehmen sind auf qualitativ hochwertige Spenden und gesammelte Materialien angewiesen, daher ist ihr Zugang zu Abfallströmen entscheidend. Wenn EPR-Systeme eingeführt werden, werden andere Akteure motiviert sein, mit Sozialunternehmen um diese Ressourcen zu konkurrieren, ohne dabei die gleichen sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Vorteile zu erbringen. Da Sozialunternehmen die einzigen Akteure sind, die die lokale Wiederverwendung priorisieren, würde ein unregulierter Wettbewerb die Abfallhierarchie untergraben. Darüber hinaus könnten Hersteller im Rahmen von EPR-Systemen eigene Sammelsysteme etablieren, bei denen Wiederverwendung keine Priorität hat, und damit in Konkurrenz zu den bereits existierenden Strukturen der Sozialunternehmen treten. Um dieses Risiko zu mindern, sollten direkte Spenden weiterhin zulässig sein und auf Sozialunternehmen beschränkt bleiben. Außerdem sollten Sozialunternehmen nach der überarbeiteten Abfallrahmenrichtlinie bevorzugten oder gleichwertigen Zugang zu Standorten für Sammelstellen sämtlicher relevanter Abfallströme erhalten.
Eigentum von Sozialunternehmen an gesammelten Gütern erhalten
Die überarbeitete Abfallrahmenrichtlinie enthält eine Bestimmung, die es Sozialunternehmen erlaubt, Eigentum an gesammelten Textilien zu behalten, ohne diese an die Produzentenverantwortungsorganisationen (PROs) abgeben zu müssen. Diese Regelung sollte auf alle Abfallströme ausgedehnt werden, die von EPR-Systemen abgedeckt werden. Der Erhalt des Eigentums an gesammelten Materialien ist entscheidend für die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells von Sozialunternehmen.
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Enge Zusammenarbeit mit PROs garantieren
Ein zentrales Problem, das Sozialunternehmen in bestehenden EPR-Systemen erleben, ist die Schwierigkeit der Zusammenarbeit mit den PROs. Die überarbeitete Abfallrahmenrichtlinie legt fest, dass ein Textil-PRO die Teilnahme von Sozialunternehmen an den EPR-Systemen nicht ablehnen darf. Diese Regelung sollte für alle EPR-Systeme gelten, unabhängig vom jeweiligen Abfallstrom, um inklusive, kooperative und wirksame Abfallbewirtschaftungspraktiken zu fördern.
Digitalisierung, aber nicht zum Nachteil von Beteiligten
Der Clean Industrial Deal der Europäischen Kommission signalisiert den Willen, die EPR-Systeme zu digitalisieren. Wir erkennen an, dass Digitalisierung das Management und die Überwachung der EPR-Systeme erheblich verbessern kann. Allerdings müssen alle dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten insbesondere für Sozialunternehmen durch EPR-Gebühren abgedeckt werden. Darüber hinaus sollten digitale Systeme für Sozialunternehmen zugänglich und handhabbar sein, beispielsweise durch Schulungsprogramme und/oder spezifische Fördermittel, damit sie sich wirksam in diese Prozesse einbringen können.
4. Inklusive PRO-Strukturen entwickeln
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Förderung inklusiver Entscheidungsfindung
Eine sinnvolle Einbindung aller Akteure in der zirkulären Wertschöpfungskette – einschließlich Sozialunternehmen und Kommunen – ist entscheidend für ein wirksames Ressourcenmanagement. Erfahrungen mit bestehenden EPR-Systemen zeigen, dass faire und transparente Strukturen sowie Verantwortlichkeiten notwendig sind, um monopolistisches Verhalten zu verhindern, ökologische Ergebnisse zu verbessern und eine effektive getrennte Sammlung und Behandlung von Abfällen sicherzustellen. Letztlich kann so die Wiederverwendungsquote gesteigert werden. Dafür sollten Sozialunternehmen und Kommunen Entscheidungsbefugnisse, einschließlich Vetorechten, bei der Gestaltung, Funktionsweise und Steuerung der EPR-Systeme erhalten.
Ein Wettlauf nach unten verhindern
Wenn in einem Mitgliedstaat mehrere nationale PROs existieren, kann der Wettbewerb um möglichst viele teilnehmende Hersteller die Finanzierungsgrundlage von EPR-Systemen unter Druck setzen. Diese Konkurrenz kann wirtschaftliche Anreize verzerren und das Ziel nachhaltigerer Produkte gefährden. Um einen „Wettlauf nach unten“ mit sinkenden EPR-Gebühren zu verhindern, müssen Mindestanforderungen festgelegt werden. Beispielsweise sollten in Fällen, in denen mehrere PROs in einem Mitgliedstaat tätig sind, die nationalen Behörden verpflichtet werden, eine unabhängige Kontrollstelle einzurichten, die die Einhaltung von Mindeststandards durch alle PROs überwacht. Diese Standards sollen sicherstellen, dass alle PROs die vollständigen Kosten für Abfallmanagement und -verwertung abdecken. Außerdem sollten Öko-Modulationsregeln zwischen allen PROs im selben Land harmonisiert werden. Die modifizierten Gebühren sollten über eine Clearingstelle unter öffentlicher Kontrolle verwaltet werden.
Herstellerverantwortung über Grenzen hinweg sicherstellen
Im Sinne des Verursacherprinzips müssen Hersteller die finanzielle Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte übernehmen. Dazu gehören auch die Abfallbewirtschaftungskosten im Bestimmungsland. Um sicherzustellen, dass EPR-Gebühren tatsächlich am vorgesehenen Zielort ankommen, sollte die EU eine EU-weite Clearingstelle einrichten. Diese wäre dafür verantwortlich, die Abfallbewirtschaftungskosten in Ländern zu kompensieren – sowohl in EU-Mitgliedstaaten als auch darüber hinaus –, in denen das Volumen importierter Secondhand-Waren das der neu in Verkehr gebrachten Produkte übersteigt.
5. Ambitionierte Öko-Modulationsregeln einführen
Kostendeckende Gebühren getrennt von Öko-Modulationsgebühren festlegen
Um eine effiziente Kostendeckung des Abfallmanagements zu gewährleisten, sollte es eine klare Trennung zwischen der EPR-Gebühr zur Abdeckung der Abfallbewirtschaftungskosten und dem Instrument der Öko-Modulation geben. Letzteres sollte als finanzieller Anreiz bzw. als finanzielle Sanktion dienen und nicht in die Kostenkalkulation für die reine Abfallbewirtschaftung einfließen. Frühere Erfahrungen in Frankreich haben gezeigt, dass die direkte Kopplung von Öko-Modulation an die EPR-Gebühren nicht effektiv war. Daher wurde im neuen System eine Unterscheidung eingeführt und ein Bonus- und Malus-System für Hersteller geschaffen, das unterschiedliche Kriterien der Kreislauffähigkeit berücksichtigt.
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Öko-Modulation über Ökodesign hinausdenken
Die bisherige Öko-Modulation war wenig wirksam, um echtes Ökodesign voranzutreiben, vor allem wegen ihrer geringen finanziellen Auswirkungen auf die Hersteller. Um tatsächlich einen positiven Wandel zu bewirken, sollte die Öko-Modulation der EPR-Gebühren hoch genug angesetzt werden, um umweltschädliche Praktiken abzuschrecken. Dabei sollten sowohl die Umweltleistung der Produkte als auch die kommerziellen Praktiken der Hersteller berücksichtigt werden. Ein entscheidendes Element zur Bekämpfung verschwenderischer Produktions- und Konsummuster wäre außerdem die Einführung eines Mengenkriteriums, das die Gebühr progressiv in Abhängigkeit von der jährlich durch einen Hersteller neu in Verkehr gebrachten Produktmenge ansteigen lässt.
Arten von Kosten, die durch die modifizierte Gebühr abgedeckt werden
Die Abfallbewirtschaftungskosten sollten standardmäßig durch EPR-Systeme gedeckt sein, doch reicht das nicht aus, um eine wirklich zirkuläre Wirtschaft zu schaffen. Die modifizierte Gebühr könnte dazu genutzt werden, Forschung und Entwicklung sowie Maßnahmen zur Unterstützung von Präventionsstrategien und kreislauforientierten Geschäftsmodellen zu finanzieren. Ein zentraler fehlender Baustein in der bisherigen EPR-Politik ist die Finanzierung von Wiederverwendungs- und Reparaturmaßnahmen, wie zum Beispiel der französische Reparaturbonus, der über EPR-Gebühren finanziert wird.
6. Bürger:innen in der Kreislaufwirtschaft stärken
Sensibilisierung für Wiederverwendungsmöglichkeiten
Das Verhalten der Verbraucher:innen, einschließlich der Pflege von Produkten und ihrer Spendenpraxis, hat einen großen Einfluss darauf, ob Waren erneut genutzt werden können. Die EPR-Systeme sollten Maßnahmen zur Sensibilisierung finanzieren, die den Bürger:innen klar vermitteln, wie und wo sie gebrauchte Waren an Sozialunternehmen spenden können und welche sozialen sowie ökologischen Vorteile diese Spenden haben. In Österreich beispielsweise decken die EPR-Gebühren teilweise die Personalkosten kommunaler Abfallberater:innen, die aktiv Abfallvermeidung und nachhaltigere Lebensstile fördern. Dazu gehört selbstverständlich auch die Aufklärung über die Bedeutung der Aktivitäten und Standorte von Sozialunternehmen.
Einführung sichtbarer Gebühren
EPR-Gebühren sollten für Verbraucher:innen klar erkennbar und transparent gemacht werden, um das Bewusstsein für die Kosten der Abfallbewirtschaftung sowie die Umweltfolgen ihrer Kaufentscheidungen zu schärfen. Diese Transparenz kann zu nachhaltigeren Konsumgewohnheiten beitragen.
7. EPR-Systeme ausbauen und ergänzen
Neue verpflichtende EPR-Systeme für Möbel und Matratzen
Angesichts der angekündigten Pläne, verpflichtende EPR-Systeme auf zusätzliche Abfallströme auszudehnen, schlagen wir vor, Möbel und Matratzen zu priorisieren, wie es bereits im neuen Ökodesign-Arbeitsplan der EU vorgesehen ist. Möbel bieten ein großes Potenzial für positive Wirkungen, mit einem hohen Wiederverwendungspotenzial und großem Spielraum für Öko-Modulation. Sollte EPR für Möbel verpflichtend werden, muss es mit verbindlichen Anforderungen für die PROs gekoppelt sein, um Sammel- und Sortierverfahren umzusetzen, die die Wiederverwendung gegenüber dem Recycling priorisieren. Matratzen stellen aufgrund ihrer Größe und komplexen Materialzusammensetzung eine herausfordernde Abfallkategorie dar, bergen aber ebenfalls enormes ungenutztes Potenzial. In der EU werden jährlich bis zu 30 Millionen Matratzen entsorgt, meist deponiert oder verbrannt, obwohl 85 % ihrer Masse recycelbar sind und es innerhalb des RREUSE-Netzwerks bereits vielversprechende Ansätze zur Verlängerung der Matratzenlebensdauer gibt. Für diese Abfallströme braucht es verpflichtende EPR-Systeme mit klar definierten Mindeststandards, um die fehlende Zirkularität anzugehen.
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Ergänzende Maßnahmen
Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass EPR-Systeme allein nicht ausreichen, um echte Kreislaufwirtschaft voranzutreiben. Sie müssen durch ein breiteres Maßnahmenpaket flankiert werden, das unter anderem folgende Punkte umfasst: Steuermaßnahmen zur Abschreckung umweltschädlicher Produktionspraktiken, Null-Mehrwertsteuer auf von Sozialunternehmen wiederverwendete oder reparierte Produkte, verpflichtende grüne und soziale öffentliche Beschaffung sowie robuste Ökodesign-Anforderungen. Zusammengenommen können diese Maßnahmen ein förderliches Umfeld schaffen, das den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft in der gesamten EU unterstützt.
Schlussfolgerung
Dieses Positionspapier legt Empfehlungen vor, um die Wirksamkeit von EPR-Systemen zu stärken, sie besser an der Abfallhierarchie auszurichten, eine vollständige Kostendeckung für Sozialunternehmen sicherzustellen und inklusive, mehrteilnehmerorientierte Governance-Strukturen zu fördern. Die Priorisierung von Abfallvermeidung und Wiederverwendung in der EPR-Finanzierung, das Setzen ambitionierter Ziele sowie die Förderung einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen PROs und Sozialunternehmen sind entscheidende Schritte auf dem Weg zu einer wirklich wettbewerbsfähigen und kreislauforientierten Wirtschaft.
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RREUSE ist Europas größtes Netzwerk von Sozialunternehmen in der Kreislaufwirtschaft, mit Fokus auf Wiederverwendung, Reparatur und Recycling. RREUSE zählt 34 Mitgliedsorganisationen in 22 Ländern, darunter 18 EU-Mitgliedstaaten.
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