Überarbeitete Abfallrahmenrichtlinie markiert Wendepunkt für die Anerkennung zirkulärer Sozialunternehmen

von RREUSE

Nach der Einigung der EU-Mitgesetzgeber zur gezielten Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie (Waste Framework Directive – WFD) begrüßt RREUSE die Anerkennung der Rolle von Sozialunternehmen im Umgang mit gebrauchten und abfallbasierten Textilien. Verschiedene neue Regelungen unterstreichen die Bedeutung des sozialen und zirkulären Sektors für die künftige Umsetzung der Richtlinie.

Der endgültige Text enthält vielversprechende Bestimmungen für kommende Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility – EPR) im Textilbereich. Besonders erfreulich sind spezifische Regelungen für Akteure der Sozialwirtschaft (Social Economy Entities – SEEs), die ihnen folgendes ermöglichen:

  • Eigene Sammelstellen für Textilien zu betreiben,

  • Gleichberechtigten oder bevorzugten Zugang bei der Einrichtung von Sammelpunkten zu erhalten,

  • Gesammelte Textilien zu behalten, ohne sie an Herstellerverantwortungsorganisationen (PROs) abgeben zu müssen,

  • An EPR-Systemen teilzunehmen, ohne von PROs ausgeschlossen zu werden.

Ebenso wird begrüßt, dass das Spektrum der im Rahmen der EPR-Systeme abgedeckten Aktivitäten breit angelegt ist. Der Text enthält zudem Verweise auf schädliche Geschäftspraktiken, die Fast Fashion und Ultra-Fast Fashion befeuern.

„Wenn diese Bestimmungen richtig umgesetzt werden, ist die Möglichkeit für Mitgliedstaaten, die Höhe der EPR-Gebühren an das Geschäftsmodell der Unternehmen zu koppeln, ein großer Schritt im Kampf gegen die übermäßige Textilabfallproduktion. Leider ist diese Maßnahme jedoch freiwillig. Wir fordern die Mitgliedstaaten dringend auf, sie in ihren nationalen EPR-Systemen zu verankern“, so Marie-Jeanne Gaertner, Umweltpolitische Leiterin von RREUSE.

Ein großes Versäumnis ist das Fehlen von Zielen zur Abfallvermeidung und -bewirtschaftung in der überarbeiteten Richtlinie. Solche Ziele sind entscheidend, damit EPR-Systeme Wiederverwendung wirklich priorisieren und nicht auf niedrigere Stufen der Abfallhierarchie ausweichen. Angesichts der aktuellen Krise im Bereich der Textilwiederverwendung und -verwertung – vor der RREUSE in den letzten Monaten mehrfach gewarnt hat – ist auch der Zeitrahmen kritisch: 20 Monate für die Umsetzung in nationales Recht und 30 Monate für die tatsächliche Anwendung setzen einen bereits belasteten Sektor zusätzlich unter Druck.

Auch bei der inklusiven Governance der EPR-Systeme besteht Verbesserungsbedarf. Zwar wurden Fortschritte erzielt, doch bleibt der finale Text vage. Er fordert lediglich, dass „relevante Akteure in die Umsetzung des EPR-Systems einbezogen“ werden – darunter auch Sozialunternehmen. RREUSE appelliert an die Mitgliedstaaten, diese Formulierung in konkrete Mitentscheidungsrechte für alle beteiligten Akteure zu übersetzen, insbesondere Sozialunternehmen und Kommunen.

Vorsicht ist zudem bei dem Vorschlag geboten, im Rahmen der für 2029 geplanten Evaluierung der Richtlinie möglicherweise einen finanziellen Beitrag von kommerziellen Re-Use-Anbietern zu verlangen. Ein solcher Schritt könnte das Verursacherprinzip verzerren. Eine sorgfältige Bewertung der Sinnhaftigkeit und Umsetzbarkeit dieser Maßnahme in jedem Mitgliedstaat wäre unerlässlich.

RREUSE blickt optimistisch auf die weitere Entwicklung: Die Europäische Kommission sollte auf den positiven Ansätzen dieser Richtlinie aufbauen – etwa bei der Ausarbeitung harmonisierter EPR-Kriterien im Rahmen des Circular Economy Acts oder künftiger EU-Initiativen zur Kreislaufwirtschaft.